Unter dem Oberrhein liegt Europas größtes Lithium-Vorkommen

Lithium aus ThermalwasserIm Oberrheingraben, einer 300 Kilometer langen und bis zu 40 Kilometer breiten Tiefebene zwischen Frankfurt und Basel, enthält das Thermalwasser unter der Erde Lithiumhydroxid, das direkt an die Akkufabrikanten geliefert werden kann. Die Nutzung der Erdwärme zur Energieerzeugung kommt im Oberrheingraben bereits an mehreren Stellen zur Anwendung. Mit einer Förderpumpe wird das heiße Thermalwasser aus bis zu vier Kilometer Tiefe nach oben gepumpt. Dort wird die Wärme extrahiert und zum Heizen oder zur Stromgewinnung genutzt. Das Wasser wird anschließend wieder unter die Erde geleitet. Mithilfe der Geothermie kann man damit das Lithium zum Selbstkostenpreis fördern und so gut wie CO2-neutral produzieren. Im salzhaltigen Thermalwasser steckt das Metall zu Zehntausenden von Tonnen und allein 30 Prozent dieses Gebiets würde Deutschland auf den dritten Platz der Lithium-Produzenten weltweit bringen. Die in Karlsruhe ansässige Firma Vulcan Energie betreibt eine Pilotanlage und 2024 soll die Produktion starten.

Abnahmeverträge mit Renault und LG Energy Solution

Vulcan Energy hat einen langfristigen Liefervertrag mit dem koreanischen Batteriehersteller LG Energy Solution abgeschlossen. LG Energy Solution wolle im ersten Jahr 5.000 Tonnen Lithiumhydroxid abnehmen und das Volumen schrittweise auf 10.000 Tonnen im Jahr erhöhen. In seinem Batteriezellwerk in Polen könnte das Lithiumhydroxid aus dem Oberrheingraben verarbeitet werden. Von dort aus werden Autobauer wie Mercedes-Benz, Audi, Jaguar und Ford beliefert. Mit einem zweiten prominenten Großkunden hat Vulcan Energie einen Abnahmevertrag abgeschlossen. Vulcan wird ab 2026 jährlich 6.000 bis 17.000 Tonnen Lithium an den französischen Autokonzern Renault liefern. Dafür plant die Firma ab 2025 drei weitere Anlagen für ein Volumen von 40.000 Tonnen. Damit könnte Europa sich von der Importabhängigkeit lösen und theoretisch genug Metall für rund 400 Millionen Elektroautos liefern.

Rio Tinto will Lithium in Serbien abbauen

Angesichts der steigenden Nachfrage nach Lithium rücken jedoch auch andere Vorkommen in Europa in den Fokus. Das deutsch-tschechische Zinnwaldgebirge und das serbische Jadartal sind weitere Lithium-Hotspots. In Serbien hat der Großkonzern Rio Tinto Investitionen in Höhe von 2,4 Milliarden US-Dollar angekündigt. Der Bergbaukonzern wird dort voraussichtlich ab 2026 bis zu 58.000 Tonnen Lithiumcarbonat in Batteriequalität produzieren. Bei der Deutsche Lithium GmbH, die das Vorkommen im Innern des Zinnwaldgebirges erkundet, stockt die Erschließung. Einzig auf der tschechischen Seite geht es voran. Hier hat der halbstaatliche Energiekonzern CEZ im April 2020 die Mehrheit an dem Bergbauprojekt übernommen. Die restlichen Anteile liegen bei dem australischen Bergbaukonzern European Metal Holding. Vorausgesetzung für einen Abbau ist, dass der Lithium-Preis stimmt. Der ist in den vergangenen zwei Jahren aufgrund eines Überangebots stark gefallen. Aktuell legt er auf Grund steigender Verkaufszahlen von Elektroautos aber zu.
Quelle: Handelsblatt

Auch das Wasser in Kohlegruben enthält Lithium

Am Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken forscht Prof. Volker Presser daran, wie der für die Elektromobilität wertvolle Rohstoff Lithium aus Grubenwasser gewonnen werden kann. Regen- und Oberflächenwasser durchdringt die mineralhaltigen Gesteinsschichten. Beim Durchströmen reichert sich das Wasser mit Natrium, Kalium oder Calcium an, aber auch mit für die Industrie hochattraktiven Elementen wie Strontium, Barium oder Lithium. In stillgelegten Steinkohlebergwerken sammelt sich das Grubenwasser in den alten Stollen. Es ist giftig und darf sich mit dem Grundwasser nicht vermischen. Das deutsche Bergbauunternehmen RAG muss deshalb im Ruhrgebiet und an der Saar tagtäglich tausende Kubikmeter Wasser an die Oberfläche pumpen. In einem Liter Grubenwasser sind zwar nur rund 20 Milligramm Lithium enthalten. Trotzdem gehen in Deutschland so schätzungsweise 1900 Tonnen wertvolles Lithium pro Jahr ungenutzt über die Flüsse verloren.

RAG will Ewigkeitskosten des Steinkohlebergbaus verringern

Volker Presser vom INM will aus dem problematischen Grubenwasser dieses Lithium für den Bau von Akkus gewinnen. Lithium ist einer der wichtigsten Rohstoffe für den Bau der meisten modernen Batteriezellen. Sein Projekt MERLIN (MERLIN: mining water lithium extraction) startete im November 2020 und wird von der RAG-Stiftung unterstützt. Grundlage des MERLIN-Projekts ist die ionenselektive Elektrochemie, die Volker Presser schon seit mehreren Jahren erforscht und beispielsweise erfolgreich zur Wasserentsalzung einsetzt. Im MERLIN-Prozess fließt zunächst Grubenwasser durch einen speziellen Aufbau, die MERLIN-Zelle, die zwei Elektroden mit unterschiedlicher Polarität enthält. Dabei werden Lithium-und Chlor-Ionen von jeweils einer Elektrode angezogen, während alle anderen gelösten Stoffe die Zelle mit dem Grubenwasser verlassen. Anschließend wird Frischwasser in die Zelle geleitet, das die beiden Stoffe in Form von Lithiumchlorid einsammelt. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt, so dass sich die Konzentration des Lithiumchlorids im Wasser immer weiter erhöht. Dann wird das Wasser verdunstet, sodass das Lithiumchlorid in fester Form vorliegt. Da die eingebrachte elektrische Ladung beim Entladen fast vollständig wiedergewonnen wird, handelt es sich beim MERLIN-Prozess um ein energieeffizientes Verfahren.

Quelle: https://nachrichten.idw-online.de/2020/11/23/grubenwasser-als-wertwasser-bergbau-trifft-elektromobilitaet/